Bewegung zur Prävention von Krebs – das Nobelpreisprinzip

29. März 2017 | App, Gesundheitswissen

Kann Bewegung tatsächlich zur Prävention von Krebs beitragen?

Aus meiner täglichen Praxis als Spezialist für Blut- und Krebserkrankungen habe ich immer wieder die Frage gehört: „Was kann ich selbst tun um Krebserkrankungen vorzubeugen?“ Daher möchte ich diese Informationen zusammenfassen, die Ärzten und Wissenschaftlern heute vorliegt, aber viel zu selten interessierte Menschen erreicht.

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Text: Priv. Doz. Dr. med. Thomas Widmann, movival GmbH

Krebsentstehung tritt durch eine Änderung von Lebensgewohnheiten seltener auf

Heute, im Jahr 2017, gibt es darauf (auf diese Frage) Antworten, die medizinisch und wissenschaftlich eindeutig bewiesen sind. Trotzdem ist es überraschend, wie wenig die Leute darüber wissen. Laut der Weltkrebsorganisation (UICC) könnten 30-40% aller Krebserkrankungen durch entsprechendes Verhalten vermieden werden. Neben einem Rauchstopp, Vermeidung von übermäßigem Alkoholkonsum und Sonnenlicht, ist insbesondere das Thema Bewegung im Vordergrund. Das Tolle daran ist, dass jeder sein Bewegungspensum selbst in der Hand hat und meist nicht auf fremde Hilfe angewiesen ist. Klar, in der Gruppe macht Bewegung am meisten Spaß. Jedoch kann auch hier jeder Mensch selbst entscheiden, ob er mit anderen zusammen Sport betreibt oder für sich alleine. Medizinische Studien zeigen hier laut UICC, dass Bewegung das Krebsentstehungsrisiko um circa 20% vermindert.

 

Krebsentstehungsrisiko senken

Welche Möglichkeiten gibt es nun konkret das Krebsentstehungsrisiko zu beeinflussen?

Vererbte Faktoren: Hier gibt es keine Möglichkeit der Beeinflussung, außer, falls wirklich ein vererbter Faktor vorliegt, eine entsprechende Krebsvorsorge im medizinisch empfohlenen Abstand wahrzunehmen.

Umweltfaktoren: Hier gibt es gute Möglichkeiten der Vorbeugung: Rauchstopp, geringes Maß an Alkohol, Sonneneinstrahlung in Maßen und immer wieder Bewegung, Bewegung, Bewegung. Gegen manche Krebsarten bzw. deren Auslöser, gibt es sogar Impfungen (Impfung gegen Hepatitis B zur Vermeidung von Leberkrebs, Impfung gegen HPV Viren zur Vermeidung von Gebärmutterhalskrebs).

Vermeidung von zufälligen Schreibfehlern der Erbsubstanz: Dieses Thema lässt sich indirekt auch beeinflussen, da bestimmte Abschnitte der Erbsubstanz (Chromosomen) stabilisiert werden können (siehe hierzu nächster Abschnitt „Telomere“).

 

Telomere stabilisieren und damit das Krebsentstehungsrisiko senken – Das Nobelpreisprinzip

Telomere sind die Endabschnitte unserer Chromosomen und dienen als biologische Uhr, d.h. sie zeigen das „wirkliche“ Zellalter an. Im Gegensatz zum Lebensalter (die Uhr tickt immer gleich) können Telomere aber langsamer und schneller altern, oder sogar stehen bleiben (d.h. nicht weiter altern).

Dabei sind kürzere Telomere mit dem häufigeren Auftreten von Erkrankungen wie Herzinfarkt, Demenz, Lungenerkrankungen und eben Krebs vergesellschaftet. Für die Erkenntnisse um die Wichtigkeit der Telomere und deren Biologie erhielten Elisabeth Blackburn, Carol Greider und Jack Szostak 2009 den Nobelpreis für Medizin.

In ihrem 2017 erschienen Buch „Die Entschlüsselung des Alterns – der Telomer Effekt“ erklärt die Nobelpreisträgerin Elisabeth Blackburn was Telomere sind, wie sie funktionieren und auch wie sie beeinflusst werden können, negativ wie positiv. Genau in der positiven Beeinflussung der Telomere scheint in der Tat der Schlüssel für die Absenkungen des Krebsrisikos zu stecken. Seit langer Zeit ist nämlich bekannt, dass kürzere Telomere eben häufiger zu den fatalen „Schreibfehlern“ bei Zellteilungen in unserem Erbgut führen. Mit anderen Worten ausgedrückt: „Je kürzer die Telomere, desto häufiger treten Schreibfehler im Erbgut auf, die dann zu Krebs führen können.“

Dieses Phänomen zeigt sich nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Mäusen: Mäuse mit kurzen Telomeren leiden um ein Vielfaches häufiger an Krebs, als ihre Artgenossen mit längeren Telomeren. Die Nobelpreisträgerin Elisabeth Blackburn zeigt in ihrem Buch aber auch wie jeder Mensch selbst Einfluss auf seine Telomere hat.

Neben dem Abbau von Stress steht insbesondere das Thema Bewegung ganz im Vordergrund. Regelmäßige Bewegung kann Telomere über viele Jahre jünger aussehen lassen. So zeigte eine wissenschaftliche Untersuchung an ehemaligen Profiausdauersportlern, die über viele Jahre sehr regelmäßig Ausdauersport ausübten, dass die Telomere dieser Ausdauersportler um bis zu 30 Jahren jünger wirkten, als die Telomere gleichalter Universitätsprofessoren, die sich insgesamt eher wenig bewegten. Zurückzuführen ist die Stabilisierung der Telomere auf eine Aktivierung des Eiweißes (Enzyms) Telomerase, welche die Telomere sogar verlängern kann.  Die Telomerase ist bei Menschen, die sich regelmäßig bewegen einfach aktiver und verhindert so einen schnellen Abbau der Telomere.  Wohl dem der lange Telomere hat, da lange Telomere eben seltener zu Schreibfehlern in der Erbsubstanz bei Zellteilungen führen.

Dieses Prinzip der regelmäßigen Bewegung ist so einfach und doch so wichtig und gleichzeitig von jedem Menschen selbst beeinflussbar. Ganz ohne Medikamente oder Nebenwirkungen (außer mit Muskelkater und Spaß an Bewegung).

 

Wie viel Sport oder Bewegung ist richtig?

Bei Bewegung gilt generell: Es gibt kein „richtig“ oder „falsch“, wichtig ist überhaupt etwas zu tun. Auch ist generell richtig, dass „Etwas Bewegung ein bisschen und mehr Bewegung auch mehr hilft beim Thema Absenkung des Krebsrisikos.“ Auch ist generell eher hintergründig, welche Sportart man betreibt. Kraftsport ist genauso richtig wie Ausdauersport oder Gymnastikübungen. Selbst Gartenarbeit oder andere Haushaltsarbeiten (sofern zumindest etwas anstrengend) zählen hier.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt allgemein für erwachsene Menschen ein Bewegungsumfang von 150 Minuten Bewegung mittlerer Aktivität (z.B.: 5 Mal 30 Minuten pro Woche) oder 75 Minuten intensive Bewegung pro Woche. Dabei sollten am Stück mindestens 10 Minuten bei der sportlichen Betätigung an Zeit investiert werden. Diese Empfehlungen gelten immer unter dem Hinweis, sich ggf. medizinisch untersuchen zu lassen, um eine Verschlimmerung einer möglicherweise bisher nicht erkannten Erkrankung (z.B. Herzerkrankung) zu verhindern.

Genauere Untersuchungen zur „Dosis“ von Bewegung und dem Auftreten von Erkrankungen liefern große Untersuchungen. Im Jahre 2016 zeigte die bisher größte Zusammenfassung von insgesamt 126 wissenschaftlichen Studien, dass Personen, die sich wie von der WHO empfohlen regelmäßig bewegten, mit einer Absenkung des Krebsentstehungsrisikos um ca. 7% rechnen durften. Eine Verdopplung des Bewegungsausmaßes senkte das Krebsentstehungsrisiko noch etwas weiter, auf circa. 9%. Insbesondere ließ sich in dieser Untersuchung das Krebsrisiko von Brustkrebs (=Mammakarzinom), Darmkrebs (=Kolonkarzinom) und Prostatakrebs (=Prostatakarzinom) besonders gut senken. Auch bei weiteren Krebsarten wie Lungenkrebs, Eierstockkrebs und Lymphdrüsenkrebs war eine Senkung erkennbar.

Brustkrebs ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Frauen und Darmkrebs bei Frauen der zweithäufigste und bei Männern der dritthäufigste Krebs.

 

Gesunde Ernährung und Krebsrisiko

Gesunde Ernährung ist gesund, das kommt schon im Wort vor. Bei genauer Betrachtung ebenfalls großer Untersuchungen mit hunderttausenden Teilnehmern zeigt sich, dass die Kampagne „5 am Tag“ (entsprechend einem Verzehr von 5 Portionen Obst oder Gemüse am Tag) zu einer Absenkung des Krebsrisikos von leider nur 1-3% führt (EPIC Studie). Nichtsdestotrotz kann beim Konsum von Obst und Gemüse gleichzeitig auch das Risiko für Herz-/Kreislauferkrankungen, wie zum Beispiel Herzinfarkt oder Schlaganfall gesenkt werden.

 

FAZIT

Das Wissen über Krebs und die Krebsentstehung hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Damit besteht auch die Chance Krebserkrankungen vorzubeugen, das heißt Prävention gegen Krebserkrankungen zu betreiben. Neben einer Vorsorge lassen sich Lebensgewohnheiten wie das Rauchen, Alkoholkonsum, gesunde Ernährung und insbesondere durch das Thema der regelmäßigen Bewegung beeinflussen. Damit gibt es heute auf alle Fälle etwas um einer Krebsentstehung vorzubeugen, am einfachsten laufen Sie dem Krebs einfach davon…

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